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Echo aus der Vergangenheit

Eigentlich waren wir ziemlich traurig, daß wir die Nacht im Death Valley wegen der Hitze gestrichen haben. Die Entscheidung stattdessen auf “blauen Dunst” nach Escalante zu fahren, war aber goldrichtig. Man, was haben sich Rick und Amie gefreut!!! Und Rick war so süß zu Esther. 🙂

In Escalante zu sein weckt unheimliche Sehnsüchte. Diese unglaubliche Ruhe, die Weite, die Landschaft und die entspannten Leute. Wie sagte Esther heute morgen: “Dagegen lebt man in Deutschland wie im Schuhkarton!”. Besser kann man es nicht ausdrücken. Wir waren heute morgen dann auch beide mehr als traurig, als wir Richtung Westen gestartet sind und das eine oder andere Tränchen runterschlucken mussten.

Vorher hatte uns Rick allerdings um 8h am Motel abgeholt (wir hatten unser Auto schon gepackt und aus dem Motel ausge-checked), um uns noch kurz zwei besonders schöne Plätze seines “playgrounds” zu zeigen.

Beide Plätze liegen in der Nähe von Escalante. Manchmal muss man gar nicht sooo weit von der “Zivilisation” entfernt suchen. Mit der Zeit entwickelt man auch ein gewisses Auge für potentielle Plätze, z.B. russgeschwärzte Überhänge oder Alkoven in den Cliffs, welche gerne für Wohn – oder Lagerstätten genutzt wurden. Aus der Höhe konnte man sich z.B. besser gegen potentielle Feinde wehren oder mühsam zusammengetragene Vorräte gegen menschliche und tierische Räuber verteidigen.

Den ersten Platz haben wir uns nur aus einiger Entfernung angeschaut, da der Weg einige Kletterei bedeutet hätte. In dem runden Bogen mit den beiden Büschen kann man rechts über den Büschen eine recht grosse Felszeichnung (Pictograph) erkennen. Es ist das Symbol für eine Schlange. Hinter den Büschen erahnt man die Reste einer “granary” – ein Korn- oder Getreidespeicher. Dieses Bild gibt es zur genaueren Betrachtung in voller Auflösung zum Reinzoomen in der Bildergalerie (Achtung – die Datei ist mit 5MB sehr groß!).

20110628-200201.jpg

Der Stil der Schlange deutet auf die sogenannte Fremont-Kultur hin. Wir werden das beim nächsten Besuch einmal etwas genauer untersuchen. Rick hat allerdings schon das gesamte Cliff penibel abgesucht und keine weiteren Artefakte oder Hinweise auf Wohnstätten gefunden.

Die zweite Stelle oder “site” war höchstinteressant. Sie gilt als die älteste in ganz Utah und wird auf ein Alter von 10000 – 12000 Jahre geschätzt. Radiocarbon-Datierung der BYU-Universität sprechen von 10000 Jahren. Damit dürfte sie auch eine der ältesten in Nordamerika sein. Diese site ist von Archäologen ausgiebig untersucht worden, was man auch sehen konnte. Es gab eine Reihe von unterschiedlich alten Petroglyphen (in den Stein “geritzt”) und Pictographen (Felszeichnungen). Was zusätzlich wie Spuren von Vandalismus aussieht, verdankt man den ersten weissen Siedlern und ist somit zumindestens ein gewisses zeitgeschichtliches Dokument, auch wenn ich persönlich darauf verzichten könnte. Die ersten Siedler haben ihre Namen mit der Schmiere der Planwagenachsen auf den Felsen verewigt. Einige dieser Familien leben noch heute in Escalante und Umgebung. Zudem sind manche Strassennamen identisch mit den Namen der schreibefreudigen und wenig sensiblen “Felsschreiber”.

Dieses Zeichnung zeigt vermutlich die Seelenreise eines Ureinwohners, da die Zeichnung insgesamt 4x in immer schwächer werdenden Farben verewigt wurde. Hier die kräftigste Variante:

20110628-201640.jpg

Zusammen mit einigen Siedlernamen sind das dann so aus:

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Ein grosser Teil des Felsen ist herausgebrochen. Die Landschaft verändert sich hier durch starke Erosionseinflüsse fast täglich. Über einer zusammengebrochen Höhle war diese wunderschöne Schlange zu sehen:

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Die site hatte einige Petroglyphen zu bieten, u.a. diesen ca. 1.4m hohe Figur. Sie ist damit eine der grössten in dieser Gegend (meist sind die Zeichnungen wesentlich grösser als die mühsam zu hauenden Petroglyphen). Die Figur hatte noch eine Verbindung zu einer kleineren Figur, was aber durch den Einsturz der Felswand nicht mehr zusehen ist:

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Dieser Petroglyph war vermutlich eine Art Kalender. Zu einer bestimmter Zeit des Jahres (Sommeranfang?!) hat die Sonne über eine Felskante genau auf die eingeritzte Markierung oben gezeigt. Dies ist aber wie sehr vieles bei den Zeichnungen und Petroglyphen nur sehr ungenau zu bestimmen, da es keinerlei schriftliche Überlieferungen gibt.

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Oben in den Cliffs gab es sehr eindrucksvolle Reste einer “granary”. Man sieht die Holzreste in dem Spalt unter dem kleinen Überhang. Wie mühsam muss es gewesen sein, da oben ranzukommen. Leitern wurden hier jedenfalls nicht benutzt.

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Die verschiedenen Pictographen und Petroglyphen sind mit ziemlicher Sicherheit aus verschiedenen Epochen. Man nimmt an, dass in diesem Gebiet bis zu 2000(!!!!) Ureinwohner gelebt haben, was unglaublich viel ist. Meist sind es nur kleinere Gruppen von 10-20 Menschen gewesen, die auf einem Fleck zusammenlebten.

Auf diesem Bild sieht man sehr schön die langanhaltende Nutzung, da die Decke durch jahrhundertelange Nutzung stark mit Ruß belegt ist:

20110628-203609.jpg

Ja, unter diesem schmalen Vorsprung haben tatsächlich Menschen geschlafen und gekocht. 🙂

Insgesamt war das wirklich eine hochinteressante site mit vielen kleineren Pictographen und einigen versteckten Petroglyphen.

Trotzdem die site von Archäologen schon sorgfältig durchkämmt wurde, habe ich dank meiner bisherigen “Ausbildung” durch Rick auf Anhieb noch ein kleines Werkzeug (ein Messer zum Schneiden oder Enthäuten) sowie einige Scherben von Töpfereien gefunden:

20110628-204108.jpg

Ich hoffe, dass dieser heutige Bericht nicht zu sehr gelangweiligt hat. Ich könnte wochenlang durch die Canyons klettern und suchen, da es so absolut faszinierend ist, auf die Spuren aus der Vergangenheit zu treffen.

3 Comments

  1. … von wegen langweilig! Denke Du hast deinen Job verfehlt und solltest Reiseberichte schreiben – ist super spannend geschrieben und
    toll erklärt und dann erst die Fotos 🙂 Bin schon ganz gespannt auf
    welchen Spuren ihr in California wandelt – wahrscheinlich Gold Trucks!
    Weiterhin gute Fahrt und heiße Grüße aus HH (angeblich soll es heute
    nur schlappe 29° werden – ha, da lacht ihr drüber)
    Karin

  2. Hallo Ihr!
    Die Bilder vom Bryce Canyon haben wieder mal Erinnerungen bei mir geweckt….
    Bzgl. deiner Texte kann ich mich nur an Karin anschliessen!!
    Mehr davon und von den wunderschönen Bildern!
    Viel Spaß auf der weiteren Route und ganz liebe Grüße an Esther.
    F.

  3. Hallo,
    allen Kommentaren zu den spannenden Berichten und tollen Foto’s, ist nichts hinzuzufügen. Man freut sich einfach auf alles Nächste!!!
    Gute Weiterfahrt und ebensolche Erlebnisse für jeden Tag! Gibt es noch so reizende Freunde wie Amy und Rick, hat mich sehr berührt!?
    Liebe Grüße, besonders an Etti, Ma

    Ruth

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