Echo aus der Vergangenheit
Eigentlich waren wir ziemlich traurig, daß wir die Nacht im Death Valley wegen der Hitze gestrichen haben. Die Entscheidung stattdessen auf “blauen Dunst” nach Escalante zu fahren, war aber goldrichtig. Man, was haben sich Rick und Amie gefreut!!! Und Rick war so süß zu Esther. 🙂
In Escalante zu sein weckt unheimliche Sehnsüchte. Diese unglaubliche Ruhe, die Weite, die Landschaft und die entspannten Leute. Wie sagte Esther heute morgen: “Dagegen lebt man in Deutschland wie im Schuhkarton!”. Besser kann man es nicht ausdrücken. Wir waren heute morgen dann auch beide mehr als traurig, als wir Richtung Westen gestartet sind und das eine oder andere Tränchen runterschlucken mussten.
Vorher hatte uns Rick allerdings um 8h am Motel abgeholt (wir hatten unser Auto schon gepackt und aus dem Motel ausge-checked), um uns noch kurz zwei besonders schöne Plätze seines “playgrounds” zu zeigen.
Beide Plätze liegen in der Nähe von Escalante. Manchmal muss man gar nicht sooo weit von der “Zivilisation” entfernt suchen. Mit der Zeit entwickelt man auch ein gewisses Auge für potentielle Plätze, z.B. russgeschwärzte Überhänge oder Alkoven in den Cliffs, welche gerne für Wohn – oder Lagerstätten genutzt wurden. Aus der Höhe konnte man sich z.B. besser gegen potentielle Feinde wehren oder mühsam zusammengetragene Vorräte gegen menschliche und tierische Räuber verteidigen.
Den ersten Platz haben wir uns nur aus einiger Entfernung angeschaut, da der Weg einige Kletterei bedeutet hätte. In dem runden Bogen mit den beiden Büschen kann man rechts über den Büschen eine recht grosse Felszeichnung (Pictograph) erkennen. Es ist das Symbol für eine Schlange. Hinter den Büschen erahnt man die Reste einer “granary” – ein Korn- oder Getreidespeicher. Dieses Bild gibt es zur genaueren Betrachtung in voller Auflösung zum Reinzoomen in der Bildergalerie (Achtung – die Datei ist mit 5MB sehr groß!).
Der Stil der Schlange deutet auf die sogenannte Fremont-Kultur hin. Wir werden das beim nächsten Besuch einmal etwas genauer untersuchen. Rick hat allerdings schon das gesamte Cliff penibel abgesucht und keine weiteren Artefakte oder Hinweise auf Wohnstätten gefunden.
Die zweite Stelle oder “site” war höchstinteressant. Sie gilt als die älteste in ganz Utah und wird auf ein Alter von 10000 – 12000 Jahre geschätzt. Radiocarbon-Datierung der BYU-Universität sprechen von 10000 Jahren. Damit dürfte sie auch eine der ältesten in Nordamerika sein. Diese site ist von Archäologen ausgiebig untersucht worden, was man auch sehen konnte. Es gab eine Reihe von unterschiedlich alten Petroglyphen (in den Stein “geritzt”) und Pictographen (Felszeichnungen). Was zusätzlich wie Spuren von Vandalismus aussieht, verdankt man den ersten weissen Siedlern und ist somit zumindestens ein gewisses zeitgeschichtliches Dokument, auch wenn ich persönlich darauf verzichten könnte. Die ersten Siedler haben ihre Namen mit der Schmiere der Planwagenachsen auf den Felsen verewigt. Einige dieser Familien leben noch heute in Escalante und Umgebung. Zudem sind manche Strassennamen identisch mit den Namen der schreibefreudigen und wenig sensiblen “Felsschreiber”.
Dieses Zeichnung zeigt vermutlich die Seelenreise eines Ureinwohners, da die Zeichnung insgesamt 4x in immer schwächer werdenden Farben verewigt wurde. Hier die kräftigste Variante:
Zusammen mit einigen Siedlernamen sind das dann so aus:
Ein grosser Teil des Felsen ist herausgebrochen. Die Landschaft verändert sich hier durch starke Erosionseinflüsse fast täglich. Über einer zusammengebrochen Höhle war diese wunderschöne Schlange zu sehen:
Die site hatte einige Petroglyphen zu bieten, u.a. diesen ca. 1.4m hohe Figur. Sie ist damit eine der grössten in dieser Gegend (meist sind die Zeichnungen wesentlich grösser als die mühsam zu hauenden Petroglyphen). Die Figur hatte noch eine Verbindung zu einer kleineren Figur, was aber durch den Einsturz der Felswand nicht mehr zusehen ist:
Dieser Petroglyph war vermutlich eine Art Kalender. Zu einer bestimmter Zeit des Jahres (Sommeranfang?!) hat die Sonne über eine Felskante genau auf die eingeritzte Markierung oben gezeigt. Dies ist aber wie sehr vieles bei den Zeichnungen und Petroglyphen nur sehr ungenau zu bestimmen, da es keinerlei schriftliche Überlieferungen gibt.
Oben in den Cliffs gab es sehr eindrucksvolle Reste einer “granary”. Man sieht die Holzreste in dem Spalt unter dem kleinen Überhang. Wie mühsam muss es gewesen sein, da oben ranzukommen. Leitern wurden hier jedenfalls nicht benutzt.
Die verschiedenen Pictographen und Petroglyphen sind mit ziemlicher Sicherheit aus verschiedenen Epochen. Man nimmt an, dass in diesem Gebiet bis zu 2000(!!!!) Ureinwohner gelebt haben, was unglaublich viel ist. Meist sind es nur kleinere Gruppen von 10-20 Menschen gewesen, die auf einem Fleck zusammenlebten.
Auf diesem Bild sieht man sehr schön die langanhaltende Nutzung, da die Decke durch jahrhundertelange Nutzung stark mit Ruß belegt ist:
Ja, unter diesem schmalen Vorsprung haben tatsächlich Menschen geschlafen und gekocht. 🙂
Insgesamt war das wirklich eine hochinteressante site mit vielen kleineren Pictographen und einigen versteckten Petroglyphen.
Trotzdem die site von Archäologen schon sorgfältig durchkämmt wurde, habe ich dank meiner bisherigen “Ausbildung” durch Rick auf Anhieb noch ein kleines Werkzeug (ein Messer zum Schneiden oder Enthäuten) sowie einige Scherben von Töpfereien gefunden:
Ich hoffe, dass dieser heutige Bericht nicht zu sehr gelangweiligt hat. Ich könnte wochenlang durch die Canyons klettern und suchen, da es so absolut faszinierend ist, auf die Spuren aus der Vergangenheit zu treffen.
Friends
Highway 12
Der Highway 12 in Utah gilt zu Recht als einer der schönsten ganz Amerikas. Die Natur ist in ihrer bizarren Schönheit – manche sagen Kargheit – nur schwer in Worte zu fassen. Die Kamera gibt das nicht einmal ansatzweise wieder.
Die Sandstein- und Felsformationen sind ein Zeugnis der erdgeschichtlichen Entstehung, da man in ihnen “lesen” kann (sofern man das geologische Wissen hat). In dieser bizarren Landschaft haben in den “Cliffs” bis vor ca. 700 Jahren amerikanische Ureinwohner gewohnt. Dann sind sie mehr oder weniger spurlos gefunden. Was aus ihnen geworden ist, ist bis heute unbekannt. Die europäischen Siedler waren’s ausnahmsweise ‘mal nicht.
Die Windschutzscheibe des Autos ist schon gut verdreckt, aber ein bischen was ist noch zu sehen. Die Hintergrundgeräusche nimmt die Kamera automatisch mit auf. Von daher also wieder mit Beschallung. 😉
Überraschung!!!!
Wir sind heute kurzentschlossen nach Escalante gefahren, um unsere Freunde Rick und Amie zu besuchen. Rick Green ist professioneller Guide und hat uns vor einigen Jahren in das Canyoneering eingeführt. Seitdem sind wir oft zu ihm zurückgekehrt. Rick ist auch absoluter Kenner indianischer Felsmalereien und Zeichnungen. Er verbringt seit 20 Jahren gut 200 Tage im Jahr in den endlosen und einsamen Slotcanyons Utah’s.
Der Weg nach Escalante hat sich gelohnt, denn sie waren heute beide zu Hause und haben sich wahnsinnig über den Überraschungsbesuch gefreut. Die beiden kamen sofort aus dem Haus gelaufen, als wir noch am Aussteigen waren. Besonders die Freude Esther wiederzusehen war unbeschreiblich und RIESIG!!!!!
Heute abend gehen wir mit den beiden noch etwas essen. 🙂
Auf dem Weg nach Escalante haben wir am Bryce Canyon einen Kurzstopp gemacht, aber Busladungen von Touris haben dafür gesorgt, daß wir nach 10 Minuten wieder weitergefahren sind.
Trotzdem einige Eindrücke der Sandsteinformationen (leider hat meine Kamera eine Macke – mit Fotos wird es erstmal “dünn” werden).
Miss Kitty lebt!
Nachdem wir ja schon über “Rauchende Colts” und “Miss Kitty” gesprochen haben, dachte ich heute morgen, ich traue meinen Augen nicht.
Als wir uns heute morgen im Motel für das US$5,99 “All-you-can-eat”-Frühstücksbuffet (nur für hartgesottene Mägen) anstellten, stand hinter dem Kassentresen die leibhaftige Reinkarnation von “Miss Kitty”. Die gleiche Frisur, das gleiche Make-up und sogar der Hauch eines Schönheitsflecks war zu sehen. Ihre Stimme war auch rauchig, was aber eher am visuell geschätzten Alter von 110 Jahren gelegen haben dürfte. 😉
In der Lodge gibt es noch jede Menge Artefakte aus der guten alten Western-Zeit zu bestaunen. Leider ist das Licht dort passend zum Ambiente gedämpft, so daß die Bilder leider nicht wirklich gut sind, aber für einen kleinen Eindruck sollte es reichen. 🙂
Wir haben für heute noch keinen festen Plan, aber fahren vermutlich nach Escalante weiter. Gestern haben wir eine Fahrtstrecke von insgesamt etwas über 1000 Meilen (etwas über 1600 Km) auf dem Tacho gehabt. Nicht viel für amerikanische (Urlaubs)Verhältnisse, aber wir sind froh, daß soweit alles rund läuft.
An dieser Stelle: Vielen, Vielen, Vielen Dank für die ganzen netten Kommentare über die wir uns wirklich sehr freuen! 🙂 🙂 🙂
Flag meets Parry
Little Hollywood
Dieses Jahr feiert die Parry Lodge ihren 80. Geburtstag. Beim Check-In lag eine kleine Infobroschüre aus, so daß ich gleich mein Gedächtnis auffrischen konnte, denn die Parry Lodge diente Filmcrews und Stars schon seit 1931 fur mehr als 50 Jahre als “Basislager”.
Dabei wurden nicht nur die Zimmer genutzt, sondern auch das Wissen der Gebrüder Parry (Whit, Chaunce und Gron), die für die passenden Locations, Statisten, Essen bis hin zu allerlei Viehzeug sorgten. Seit den frühen 80er war dann aber Schluss und es gab nur noch eine Handvoll von Filmen oder Dokus, die hier gedreht wurden.
Heute lebt Kanab (früher “Little Hollywood” genannt) vom Tourismus, da der Südwesten als Reiseziel mehr denn je boomt.
Im einstmal berühmten Speisesaal (hat heute eher Kaffeefahrt-Charakter) zeugen diverse großformatige Fotos vieler Weltstar nebst Unterschrift vom Ruhm vergangener Tage. John Wayne, Clint Eastwood, Glen Ford, Frank Sinatra, Dean Martin, Robert Taylor, Tyrone Power, Randolph Scott, Jack Nicholson sind nur einige der vielen Weltstars, die sich hier zur Nachtruhe betteten.
Neben über 100 Filmen wurden hier auch Fernsehserien produziert, z.B. das in Deutschland einst beliebte “Rauchende Colts” (zu der Zeit als es nur 3 Programme gab ;)).
In der Parry Lodge ist noch ein Plätzchen frei
Heartland
Wenn man Dustin, Harmony und Familie beschreiben sollte, würde man hier wohl “Folks from the Heartland” wählen. Und viel besser kann man es auch nicht ausdrücken.
Während man Amerikanern häufig Oberflächigkeit vorwirft (was meiner Meinung nach einzig und allein daran liegt, daß man als Deutscher die amerikanische Kultur – ja, die gibt es – erst einmal verstehen muß), so verkommt das geäußerte “Our door is always open for you” keineswegs zur dahingesagten Floskel sondern ist vielmehr Ausdruck aufrichtiger Gastfreundschaft.
Dustin und Harmony haben vier wunderbare Kinder namens Esther, Ruth, Rachel und Emma. Das fünfte Kind kommt im November und es wird ein…Mädchen! Der arme Dustin! 😉
Alton besteht nur aus ein paar Strassen, die sich in typisch amerikanischer Art und Weise jeweils im 90 Gradwinkel schneiden. Die Kirche bildet wie in vielen kleinen und größeren Städten Utah’s den Mittelpunkt. Das Haus oder das Auto abzuschließen kennt man hier nicht. Auch uns als Fremden wird freundlich zugewunken. Das bei uns…unvorstellbar.
Wie der überwiegende Teil der Bewohner Utah’s so sind auch Dustin, Harmony und Familien Mormonen (hier allerdings eher als LDS oder “The Church Of Jesus Christ Of Latter-Day Saints” bekannt) und der Glaube spielt vermutlich die dominierende Rolle in ihrem Leben. Harmony’s Eltern wurde heute auf eine zweijährige “Mission” nach Illinois verabschiedet. Auch dazu hatte man uns eingeladen, aber das wäre uns dann im Urlaub doch etwas zu viel Stress gewesen. Es ehrt uns aber und wir waren sehr dankbar heute bei den beiden Gäste sein zu dürfen.
Esther hat Esther noch ein paar Kekse gebacken, die wir morgen sicherlich vertilgen werden. 😉
Ich bin sicher, daß wir die Cox-Familie wiedersehen werden, um dann etwas mehr Zeit mit ihnen verbringen. Esther darf dann auch auf einem der Pferde reiten, was absolut der Kracher wäre.
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